Luchse (Lynx lynx)

Einleitung:

So wie Wölfe und Braunbären wurden auch die Luchse in vielen Regionen von Europa bis hin zur großflächigen Ausrottung verfolgt. Bären und Wölfe kann man durchaus als Generalisten bezeichnen. Im Vergleich dazu ist der Luchs eher ein Spezialist. Das Spektrum der Nahrungsquellen ist kleiner und die Ansprüche an die Lebensräume ist größer. Neben der Verfolgung durch uns Menschen stellt die Zerstörung der Lebensräume und die Reduzierung der natürlichen Nahrungsquellen für den Luchs eine größere Bedrohung dar, als für Wolf und Bär.

Das Konfliktpotential für Menschen durch Luchse kann man auf keinen Fall als besonders hoch einstufen. Umgekehrt allerdings schon. In den Märchen, Legenden und Geschichten spielt der Luchs praktisch keine Rolle.

Luchse sind auch nicht besonders scheu, eher heimlich. Sie kommen aber so selten vor und auch stabile Populationen sind so dünn verteilt, dass eine Begegnung mit Luchsen selten ist.

Steckbrief/Biologie

  • Weibchen: Katze oder Luchsin
  • Männchen: Kater oder Kuder
  • Gewicht: 18-25kg, Kater zum Teil über 30 kg
  • Schulterhöhe: 50-60cm
  • Fellfarbe: das Fleckenmuster ist sowohl in der Form (Punkte, Halbkreise, Striche), im Kontrast (dunkle oder hellere Flecken) als auch in der Sichtbarkeit (sehr deutlich sichtbar bis fast nicht erkennbar) individuell sehr unterschiedlich. Deswegen kann man die Luchse am Fellmuster unterscheiden.
  • Tragzeit: ~ 70 Tage
  • Ranzzeit: Ende Februar bis Anfang April
  • Alter: älter als Wölfe, 15 Jahre kommen vor, ist aber in freier Wildbahn selten.
  • Lebensraum: meistens in waldreichen Regionen, aber auch halb offene Landschaften und Hochgebirgsregionen sind möglich.
  • Spuren: Die Zehenballen stehen leicht unsymmetrisch zueinander (anders als bei Wolf, Fuchs). Die Krallen sieht man meistens nicht, und wenn doch, sind sie sehr spitz zulaufend. Die hintere Pfote ist etwas kleiner als vordere Pfote.
  • Luchsjahr: die Jungluchse verlassen die Mutter im Alter von etwa 10-11 Monaten.
  • Kommunikation: Markierung, Körpersprache und Mimik, Lautäußerungen insbesondere im Nahbereich aber durch den Luchsruf auch über größere Entfernung.

Luchsrevier und Nahrung:

Das Revier eines Luchskaters ist zwischen 150 km² bis über 400 km² groß. Das der Weibchen etwa 60 -über 150 km². Weil ein Luchs nicht das gesamte Beutetier auffrisst, kann man als Rechengrundlage annehmen, dass ein Luchs in seinem Revier etwa 50-60 Rehe/Jahr erbeuten wird. Bei der Anwesenheit von nur einem Luchskater wären es also etwa 60 Rehe auf 300 km². Bei einer durchschnittlichen und normalen Luchspopulation würden sich auf einer Fläche von 300 km² ein Luchskater und drei adulte weibliche Luchse aufhalten plus deren Jungtiere. In dem Fall könnte man damit rechnen, dass von den Luchsen etwa 240-400 Rehe/Jahr gefressen werden würden. Es gibt verschiedene Faktoren, die in der Praxis zu anderen Zahlen führen können.

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob die Entnahme der Rehe durch die Luchse viel oder wenig ist, ist es hilfreich nachzuschauen wie viele Rehe (oder andere potentielle Beutetiere) durch uns Menschen auf der gleichen Fläche entnommen werden. Laut den Jagdstatistiken kann man von 4-6 Rehen/km² ausgehen, die jährlich im Durchschnitt geschossen werden.

An der Stelle möchte ich betonen, dass es sich bei diesen Berechnungen um eine stark vereinfachte Zahlenspielerei handelt, die nicht zwangsläufig mit der Realität übereinstimmen muss. Allerdings bekommt man ein besseres Gefühl sowohl für den Einfluss der großen Beutegreifer als auch für den Einfluss durch uns Menschen.

ökologische Rolle

Luchse haben eigene Reviere, die sie gegen gleichgeschlechtliche Artgenossen abgrenzen und auch verteidigen können. Eine normale Luchspopulation hat einen gewissen Einfluss auf die Beutetiere und damit auch auf die Vegetationsentwicklung. Damit haben sie auch einen gewissen Einfluss auf die Zusammensetzung und den Fitnesszustand ihrer Beutetiere. Genaue Untersuchungen, wie sich der Einfluss allerdings tatsächlich auswirkt, sind bisher nur unzureichend unternommen worden oder mir nicht bekannt. Auch wenn Luchse typische Pirsch- und Überraschungsjäger sind, ist leicht zu verstehen, dass ein unaufmerksames Wildtier leichter zu erbeuten ist als ein wachsames Wildtier. Unaufmerksam sind Wildtiere insbesondere dann, wenn die Sinnesleistungen unzureichend sind, beispielsweise wegen Krankheit oder Alter. Ein Reh, das nicht blitzschnell beschleunigen kann, ist eine leichtere Beute. Allerdings kann man keinen gleichwertigen Selektionsdruck durch den Luchs nachweisen wie beim Wolf.

Luchse lernen in ihren Revieren sehr schnell wann und wo sich ihre Beutetiere bevorzugt aufhalten. Zur Freude der Luchse und zum Ärger der Jäger gehören dazu auch Fütterungsstellen. Zur Freude der Förster hingegen kennen die Luchse auch bald die Bereiche mit jungen nachwachsenden Bäumen, in denen sich beispielsweise Rehe sehr gerne längere Zeit aufhalten um die frischen Knospen, Blätter oder Nadeln abzufressen. Da Luchse eine andere Jagdstrategie haben als Wölfe, ist der Einfluss der Luchse auf die Beutetiere anders zu beurteilen.

Luchspopulation Europa, Deutschland, Ausbreitung

Karte 1: Verbreitung des eurasischen Luchs in Europa (ohne Russland) Die Größe der Flächen mit dauerhaften Nachweisen ist kein direkter Indikator für die Anzahl der Luchse. Als Beispiel: in den Vogesen sind es derzeit 2-4 Luchse, in den Alpen der Schweiz und Frankreich sind es etwa 250Luchse. In den rumänischen Karpaten geht man von 1200-1600 Luchsen aus. In ganz Deutschland sind es knapp über 100 Luchse.

Alle Luchspopulationen in Deutschland, in den Vogesen, in der Schweiz, in Österreich, im Böhmerwald, in Slowenien sind auf Auswilderungsprojekte zurückzuführen. Ohne diese Projekte gäbe es gar keine Luchse in Deutschland oder in den Alpen. Eventuelle würde man sehr seltene Einzeltiere (meistens Kater) aus den Karpaten oder aus dem Balkan nachweisen können.  

Quelle: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.). 2018. Luchsverbreitung in Deutschland im Monitoringjahr 2017/2018 (1.5.2017 – 30.4.2018)

Nachgewiesen wurden:

selbständige Luchse: 85

reproduzierende Weibchen: 20

Jungluchse: 43

Bei einer Population von 1000 adulten Luchsen die spricht man von einem erhaltungsgünstigen Zustand.  

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